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Android App-Store: Handgemachte Apps, direkt vom Erzeuger - ZEIT ONLINE

Handgemachte Apps, direkt vom Erzeuger – Seite 1

Ein Smartphone ohne Apps ist wie eine Wohnung ohne Möbel. Kann man machen, ist aber im Alltag nicht sehr praktikabel. Die Anbieter der wichtigsten mobilen Betriebssysteme, Apple und Google, haben das früh erkannt – und liefern die Möbel für die digitalen Wohnräume, die Smartphones für viele Menschen sind, gleich mit. Wer ein iPhone besitzt, lädt seine Apps über Apples eigenen App Store. Wer das Google-Betriebssystem Android nutzt, bekommt Apps über Googles Play-Store. Auch die Smartphonehersteller Samsung und Huawei bauen eigene App-Ökosysteme auf.

Zu diesen Hersteller-eigenen Stores gibt es derzeit nur eine nennenswerte Alternative: den F-Droid-Store. Wer ein Android-Gerät besitzt, kann dort werbefreie und datenschutzfreundliche Apps herunterladen, die es so zum Teil im Play-Store nicht gibt. Das ist die Idee des Projekts, das seit zehn Jahren von einem internationalen Team ehrenamtlich entwickelt und gepflegt wird. "Viele Apps spionieren ihren Nutzern hinterher", sagt Jochen Sprickerhof, der Teil dieser Gruppe ist. Gemeinsam mit zehn bis fünfzehn anderen arbeitet er in seiner Freizeit an dem alternativen App-Store. "F-Droid ist eine Möglichkeit, aus der Welt der kommerziellen Software auszusteigen", sagt er.

F-Droid will der Marktmacht der großen IT-Unternehmen etwas entgegensetzen. Ihre zentralen App-Stores verschaffen den Konzernen viel Kontrolle und noch mehr Geld: Sie bestimmen, was überhaupt installiert werden kann und lassen sich von den Anbietern kostenpflichtiger Apps eine Provision zahlen. Die F-Droid-Macher sind nicht die einzigen, die damit ein Problem haben: Insbesondere einige App-Hersteller sind mit diesen Regeln unzufrieden. Die Spielentwicklungfirma Epic Games hat gegen Apple und Google geklagt, weil es die Höhe der Provisionen für unfair hält – und zumindest teilweise recht bekommen.

Trotz solcher Teilerfolge: Verändert hat sich bisher an der Dominanz der großen App-Stores nicht viel. Apple kämpft hart gegen die Pläne der Europäischen Union, die mit dem geplanten Gesetz Digital Markets Act Hersteller zwingen könnte, andere App-Quellen zuzulassen. Für iPhone-Nutzerinnen gibt es bisher überhaupt keine Alternativen wie F-Droid, iOS-Apps gibt es nur in Apples App Store. Aber auch bei Android, wo Sideloading, also die Installation von Apps am Hersteller-eigenen Store vorbei, grundsätzlich möglich ist, machen sich die meisten Entwickler schon lange nicht mehr die Mühe, ihre Apps auch außerhalb des Play-Stores bereitzustellen.

Ohne Google-Konto bleibt auf Android die Tür zu

Den DB-Navigator beispielsweise bekommt man nur bei Google. Die Deutsche Bahn erklärt dazu, man greife für die Navigator-App ausschließlich auf den Play-Store zurück, um Updates gewährleisten zu können. Update-Funktionen sind zwar auch direkt in Apps integrierbar – das bedeutet für die Anbieterinnen aber zusätzliche Arbeit. Wer also per App Tickets kaufen und die digitale BahnCard nutzen möchte, muss die App über den Play-Store laden.

Sehr viele Menschen stört das nicht. Ein Google-Konto hat sowieso fast jeder, man braucht es schließlich, um ein Android-Smartphone überhaupt richtig einrichten zu können. Und die großen Plattformen haben gute, oder zumindest laut vorgetragene, Argumente, welche Vorteile ein marktbeherrschender App-Store für die Nutzer habe. Alles ist direkt und unkompliziert verfügbar und man fängt sich nicht so einfach schädliche Software ein, weil Apple und Google die Apps prüfen, bevor sie in ihre Stores aufgenommen werden, lautet die Begründung.

Andererseits: Wer über den Play-Store Apps lädt, muss seine Daten an Google geben – denn ohne Google-Konto bleibt auf Android die Ladentür zu. Der Konzern erfährt, welche Apps über das verknüpfte Google-Konto heruntergeladen werden, wann das passiert und wann die Nutzerin sich entscheidet, eine App wieder zu löschen. Das mag erst einmal harmlos klingen. Wer jedoch eine Schwangerschafts-App, eine schwule Dating-App oder ein Depressionstagebuch herunterlädt, verrät Google damit etwas sehr Persönliches. Nicht umsonst gelten Informationen zur Gesundheit und zur sexuellen Orientierung laut Datenschutz-Grundverordnung zu den sensiblen und besonders schützenswerten Daten. Auch viele der angebotenen Apps gehen nicht sonderlich sorgsam mit den Daten ihrer Nutzerinnen und Nutzer um. Der Play-Store empfiehlt zum Beispiel ausdrücklich E-Mail-Apps, die Passwörter zu den verknüpften Konten auslesen und E-Mail-Inhalte in die Clouds der App-Anbieter kopieren.

Manche F-Droid-Apps gibt es bei Google nicht

Dass viele Apps persönliche Daten sammeln, ist einer der Gründe, warum Jochen Sprickerhof und sein Team an F-Droid arbeiten. F-Droid erhebe keinerlei Daten von Anwenderinnen: "Wir wissen nicht einmal, wie viele Menschen den Store eigentlich auf dem Handy haben", sagt Sprickerhof.

Das gilt auch für alle Apps, die dort zu finden sind. Das ist eine strenge Bedingung, die F-Droid stellt. Deshalb sind viele bekannte Dienste hier nicht zu finden. "Ein Store wie F-Droid, der als freies und offenes Community-Projekt allen gehört, ergibt für mich nur Sinn, wenn er auch freie und offene Apps bietet", sagt Sprickerhof. "F-Droid bietet Programme, die einfach nur ihren Dienst tun, statt zum Beispiel Werbung und überflüssigen Schnickschnack einzubinden."

Aktuell gibt es bei F-Droid etwas mehr als 4.000 Apps. Damit bietet der Store eine deutlich kleinere Auswahl als der Google Play-Store. Aus Sicht der Entwickler reicht das Angebot: "Wir haben mit F-Droid alles erreicht, was ich mir wünsche. Alle Apps, die ich brauche, bekomme ich dort", sagt Sprickerhof. Für viele Anwender aus der Community sei der Store die Hauptbezugsquelle für Apps. Es gibt dort beispielsweise datenschutzfreundliche Standard-Apps wie Adressbuch, Kalender, Kamera, Galerie und Dateimanager.

Anders als andere Apps ihrer Art gehen sie nicht ins Internet, fragen keine unnötigen Berechtigungen ab und brauchen wenig Speicherplatz. Das ist wohl das wichtigste Argument für F-Droid: Wer hier etwas herunterlädt – egal ob Passwortmanager, Haushaltsbuch oder Podcast-Player – muss sich um die eigenen Daten keine Sorgen machen, denn das Team hat bereits die Spreu vom Weizen getrennt.

Alle Apps sind Open Source

F-Droid hat außerdem Apps im Angebot, die bei Google draußen bleiben müssen. So sind Werbeblocker im Play-Store beispielsweise nur dann erlaubt, wenn sie nicht allzu wirksam sind – sie würden Googles Geschäftsmodell ansonsten zu stark angreifen. Auch Apps, die etwa YouTube-Videos darstellen und dabei die Werbung herausfiltern, werden nicht unterstützt. 

Solche Apps gibt es aber bei F-Droid. Der Store bietet ausschließlich Open-Source-Software an, also Apps, deren Code vollständig öffentlich ist und somit von jeder Person mit entsprechenden Kenntnissen überprüft und verbessert werden kann. Das stellt sicher, dass keine App heimlich etwas tun kann, was Nutzerinnen nicht möchten, beispielsweise persönliche Daten auslesen. "Für mich als Informatiker ist es ganz normal, wissen zu wollen, was eine Software macht, die ich benutze", sagt Sprickerhof. "Und ich fände es gut, wenn möglichst viele Menschen die Dienste hinterfragen, die sie alltäglich verwenden. Meine Hoffnung ist, dass F-Droid dazu inspirieren kann."

Anders als bei Apple und Google reichen Anbieterinnen ihre Anwendungen nicht einfach beim Store ein, sondern das Entwickler-Team hat eine Software entwickelt, die Apps aus dem öffentlichen Code selbst zusammensetzt. So wird ausgeschlossen, dass in einer Installationsdatei nicht doch etwas anderes schlummert als erwartet. Jede und jeder kann Vorschläge machen, welche Apps als Nächstes in den Store aufgenommen werden sollen.

Das F-Droid-Team prüft dann, ob die vorgeschlagenen Apps den Kriterien entsprechen und ob alle nötigen Informationen für die Darstellung im Store vorliegen. Manchmal richtet das Team auch bereits etablierte Open-Source-Apps so her, dass sie den F-Droid-Kriterien entsprechen. So entstand etwa eine Version des Messengers Telegram, die keine Google-Dienste mehr enthält, und eine von Tracking-Bausteinen befreite Variante des Firefox-Browsers: Fennec. Andere bekannte Apps entsprechen den Kriterien bereits von selbst, zum Beispiel die der Wikipedia-Enzyklopädie.

Apps mit zweifelhaften Datenschutzbedingungen werde F-Droid niemals akzeptieren, sagt Sprickerhof. Für soziale Netzwerke wie Twitter und Instagram gibt es trotzdem eine Lösung. F-Droid bietet sogenannte Wrapper: inoffizielle, aber quelloffene Apps, die die Inhalte von Social-Media-Plattformen auf dem Smartphone darstellen. Das hindert die sozialen Netzwerke zwar nicht daran, Informationen über ihre Nutzerinnen zu sammeln, zumindest sind es so aber weniger als mit den offiziellen Apps. Der YouTube-Wrapper NewPipe, der im Google Play-Store verboten ist, filtert sogar die Werbung aus den Videos.

Wer den F-Droid-Store ausprobieren möchte, lädt ihn von der Website f-droid.org herunter. Dazu muss man für den verwendeten Browser die Installation aus unbekannten Quellen erlauben, die Abfrage erscheint auf neueren Android-Geräten automatisch. Aus Sicherheitsgründen sollte man diese Berechtigung danach wieder entziehen, damit später nicht unbemerkt Software von Webseiten geladen werden kann. Auch F-Droid selbst braucht diese Berechtigung. Hier kann man sie ruhig dauerhaft aktiviert lassen, da sämtliche Software in F-Droid ja bereits überprüft wurde.

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