Die Oberfläche des Planeten Mars ist von Sonden aus der Umlaufbahn vollständig fotografiert und in fast allen Details erfasst worden. Da sind inzwischen jeder Hügel und jedes Tal bekannt. Recht wenig wusste man bislang jedoch über den inneren Aufbau des Roten Planeten.
„Modelle dazu gibt es seit bald hundert Jahren“, sagt Geophysiker Martin Knapmeyer vom Berliner DLR-Institut für Planetenforschung, „aber hinsichtlich der Abmessungen von Kruste und Kern hat es seit Jahrzehnten kaum Fortschritte gegeben.“ Bislang war es lediglich möglich, sich der inneren Verfasstheit des Planeten Mars durch Computersimulationen zu nähern.
In der Fachzeitschrift „Science“ konnte jetzt ein internationales Forscherteam endlich neue Erkenntnisse zum Marsinnenleben vermelden, die auf echten Messungen basieren. Sie stammen von einem geophysikalischen Instrument namens „InSight“, das die Nasa im November 2018 in der Marsregion Elysium Planitia nahe dem Äquator aufgestellt hat.
Durchmesser des Marskerns ist rund 3700 Kilometer
Das unter Federführung von französischen Forschern gebaute Seismometer „SEIS“ kann Marsbebenwellen registrieren. An der Auswertung dieser Daten waren Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt.
Ja, es gibt Beben auf dem Mars, und „InSight“ hat seit Anfang 2019 mehr als 700 solcher Ereignisse registrieren können. Wie bei Erdbeben gibt es auch auf dem Mars sogenannte „P“- und „S“-Wellen. „P“-Wellen sind Druckwellen, die sich ausbreiten wie Schallwellen in der Luft. „S“-Wellen schwingen hingegen senkrecht zur Ausbreitungsrichtung, so wie Saiten.
Sie breiten sich langsamer als „P“-Wellen aus. Beide Wellenarten durchqueren das Innere des Planeten und werden an Schichtgrenzen im Inneren reflektiert und gebeugt. Durch Auswerten der „InSight“ ankommenden „P“- und „S“-Wellen sowie der diversen Echos konnten die Forscher eine Fülle von Erkenntnissen ableiten.
„Der Kern des Mars hat nach unseren Messungen einen Durchmesser von fast 3700 Kilometern“, sagt Ana-Catalina Plesa vom DLR-Institut für Planetenforschung. „Das ist etwa die Hälfte des Kerndurchmessers der Erde und liegt eher am oberen Ende des Größenbereichs, den alle vorherigen Abschätzungen ergeben hatten.“
Der Marskern ist also größer als bislang vermutet. Dafür ist die Marskruste dünner als bisher angenommen. Am Landeplatz der Sonde hatte man vor der Mission eine Krustendicke von bis zu 90 Kilometern erwartet. Aus den Messdaten lässt sich eine deutlich kleinere Krustendicke ableiten, die allerdings nicht ganz eindeutig ist.
Die Marskruste ist dünner als erwartet
„Die Daten lassen zwei Möglichkeiten zu“, erläutert Brigitte Knapmeyer-Endrun von der Erdbebenstation Bensberg der Universität Köln: „Entweder beträgt die Krustendicke am Landeplatz von ‚InSight‘ rund 20 Kilometer, oder aber sie liegt bei knapp 40 Kilometer, wofür ein zusätzliches schwaches Signal spricht.“
Der Mars ist mit einem Durchmesser von 6770 Kilometern ungefähr halb so groß wie die Erde. Die Messungen von „InSight“ zeigen, dass der über dem Marskern liegende Mantel eine ähnliche Struktur besitzt wie der Erdmantel.
Aus den Messungen von Krusten-, Mantel- und Kerndicke beim Mars lassen sich Erkenntnisse über die chemische Zusammensetzung ableiten. „Ein größerer Kern bedeutet auch, dass seine Dichte geringer sein muss, als wir angenommen hatten“, erläutert Plesa. Die Dichte des Marskerns geben die Forscher mit etwa sechs Gramm pro Kubikzentimeter an. Zum Vergleich: Die Dichte des Erdkerns ist mit elf Gramm pro Kubikzentimeter deutlich höher.
„Die geringere Dichte des Marskern zeigt, dass der Eisen-Nickel-Schmelze ein größerer Anteil von leichteren Elementen wie Schwefel, Kohlenstoff, Sauerstoff oder vielleicht sogar Wasserstoff beigemengt ist“, sagt Plesa. Apropos „Eisen-Nickel-Schmelze“: Die Messdaten von „InSight“ haben erstmals auch den Beweis erbracht, dass der Marskern flüssig sein muss – zumindest in seiner äußeren Zone. Das lässt sich aus den Reflexionssignalen der Marsbebenwellen ableiten.
Im Erdmantel herrscht ab rund 700 Kilometer Tiefe ein ausreichend starker Druck, sodass sich das Mineral Bridgmanit (MgSiO3) bilden kann – ein silikatisches Magnesiumoxyd. Rund 80 Prozent des Erdmantels bestehen aus dieser und verwandten Verbindungen.
Aus den Messungen von „InSight“ lässt sich ableiten, dass der Druck im Marsmantel nicht ausreicht, der für die Entstehung von Bridgmanit erforderlich ist. Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass im gesamten Marsmantel das Mineral Olivin dominiert, das bei der Erde im oberen Mantelbereich häufig ist.
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