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Detektoren messen Gravitationswellen einer kosmischen Katastrophe – dann passiert es erneut - fr.de

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Gravitationswellen-Detektoren messen Signale, die auf gleich zwei kosmische Katastrophen hindeuten: Schwarze Löcher haben Neutronensterne verschlungen.

Frankfurt/Hannover – Beschleunigen große Massen im Universum, entstehen Gravitationswellen – ein Phänomen, das Albert Einstein vor mehr als 100 Jahren vorhergesagt hatte, das jedoch erst 2016 mit der Messung der ersten Gravitationswellen bestätigt wurde. Mittlerweile wurden von den speziellen Detektoren LIGO und Virgo mehrfach Gravitationswellen gemessen, doch nun zeigt eine wissenschaftliche Veröffentlichung eine bisher einmalige Messung: Innerhalb weniger Tage erreichten die Gravitationswellen zweier kosmischer Katastrophen die Detektoren auf der Erde.

Bereits im Januar 2020 nahmen die Detektoren LIGO und Virgo die Gravitationswellen wahr, veröffentlicht wurde die Studie dazu erst Ende Juni 2021 im Fachjournal „Astrophysical Journal Letters“. Die Forschenden, von denen einige am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut; AEI) in Potsdam und Hannover und an der Leibniz Universität Hannover beschäftigt sind, haben jedenfalls keine Zweifel: Bei den Ereignissen vom 5. und 15. Januar 2020 handelte es sich ihrer Meinung nach ganz eindeutig um schwarze Löcher, die Neutronensterne verschlangen.

Gravitationswellen-Ereignis GW200105: Schwarzes Loch schluckt Neutronenstern

Das erste Gravitationswellen-Ereignis, das am 5. Januar 2020 gemessen wurde, bekam den Namen GW200105. Das Signal stammt den Wissenschaftler:innen zufolge von einem schwarzen Loch mit der neunfachen Masse unserer Sonne. Dieses schwarze Loch verschmolz mit einem kompakten Objekt mit 1,9-facher Sonnenmasse in etwa 900 Millionen Lichtjahren Entfernung. Die Fachleute gehen davon aus, dass es sich bei dem leichteren Objekt um einen Neutronenstern handelt.

Ein schwarzes Loch verschlingt alles, was ihm zu nahe kommt – auch Neutronensterne, wie die neuesten Gravitationswellen-Messungen zeigen. (Symbolbild)

© Science Photo Library/Imago

„Das Signal besteht alle unsere strengen Qualitätskontrollen“, betont Harald Pfeiffer vom AEI Potsdam in einer Mitteilung des Instituts. Da das Signal jedoch nur mit einem der insgesamt drei verfügbaren Detektoren beobachtet wurde, lasse sich der Ursprung der Gravitationswellen nur auf etwa 17 Prozent des ganzen Himmels eingrenzen.

Gravitationswellen-Ereignis GW200115: Schwarzes Loch verschmilzt mit Neutronenstern

Nur zehn Tage nach dem ersten Signal empfingen die Gravitationswellen-Detektoren erneut ein Signal einer gigantischen Verschmelzung. Im Fall des Ereignisses GW200115 waren ein schwarzes Loch mit sechs Sonnenmassen und ein Neutronenstern mit 1,5 Sonnenmassen daran beteiligt, die Verschmelzung passierte rund eine Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt. Da in diesem Fall alle drei Detektoren (zwei LIGO-Detektoren und der Virgo-Detektor) das Signal beobachtet hatten, kann die Wissenschaft den Ursprung der Gravitationswellen etwas genauer eingrenzen – es kommt jedoch immer noch ein großer Bereich des Himmels infrage.

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Gravitationswellen: Schwarze Löcher verschlingen Neutronensterne am Stück

Außer den gemessenen Gravitationswellen konnten keine weiteren Signale der Ereignisse aufgespürt werden, Folgebeobachtungen mehrerer Observatorien fanden keine Hinweise im elektromagnetischen Spektrum. Doch das kommt für die Fachleute in Hannover nicht überraschend: „Die Beobachtung eines elektromagnetischen Signals der Verschmelzung wäre fantastisch gewesen, aber wir haben das nicht unbedingt erwartet“, sagt Frank Ohme vom AEI. Aufgrund der großen Entfernungen und der ungenauen Positionen wäre Licht nur sehr schwach und sehr schwer aufzuspüren, erklärt Ohme. „Wir schließen außerdem aus den Daten, dass die Schwarzen Löcher, die an diesen Verschmelzungen beteiligt sind, ihre Neutronensternpartner einfach am Stück verschluckt haben, so dass gar kein Licht abgestrahlt wurde.“

Doch woher wissen die Wissenschaftler:innen, dass es sich um Neutronensterne handelte, die von den schwarzen Löchern verschluckt wurden? „Die Gravitationswellen allein verraten uns zwar nicht die Struktur des leichteren Objekts, aber wir können auf seine maximale Masse schließen. Indem wir diese Informationen mit theoretischen Vorhersagen über die zu erwartenden Massen von Neutronensternen in einem solchen Doppelsystem kombinieren, kommen wir zu dem Schluss, dass ein Neutronenstern die wahrscheinlichste Erklärung ist“, erklärt Bhooshan Gadre vom AEI in einer Mitteilung des Instituts.

Verschmelzung schwarzer Löcher mit Neutronensternen verursacht Gravitationswellen

Die Forschenden sind sich sicher, dass sie erstmals Gravitationswellen von Verschmelzungen schwarzer Löcher mit Neutronensternen beobachtet haben. Sie gehen davon aus, dass solche Ereignisse gar nicht so selten sind: In einer Entfernung von bis zu einer Milliarde Lichtjahren rechnen sie mit etwa einer solchen Verschmelzung pro Monat – jedoch lassen sich nicht alle dieser Ereignisse mit den derzeit bestehenden Detektoren nachweisen.

Wie genau Doppelsysteme aus einem schwarzen Loch und einem Neutronenstern entstehen, ist bisher nicht genau geklärt. Astronom:innen halten es für eine wahrscheinliche Erklärung, dass Doppelsterne sich zu solchen Systemen entwickeln können. Aber auch junge Sternhaufen oder die Umgebung der Zentren von Galaxien könnten Ursprungsorte solcher Doppelsysteme sein.

Im Sommer 2022 sollen die Gravitationswellen-Detektoren ihren vierten Beobachtungslauf starten. „Sie werden dann noch empfindlicher sein, so dass wir jeden einzelnen Tag Gravitationswellen beobachten können“, freut sich Karsten Danzmann vom AEI. „In einigen Jahren werden wir weitere Verschmelzungen schwarzer Löcher mit Neutronensternen beobachtet haben. Daraus werden wir mehr über Materie unter Extrembedingungen, über das Leben der Sterne und die Eigenschaften dieser seltenen Ereignisse lernen.“ (tab)

Rubriklistenbild: © Science Photo Library/Imago

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