Manchester City steht zum ersten Mal im Finale der Champions League. Das Rückspiel geht nicht nur im Ergebnis klar an die "Skyblues", das Team ist PSG auch gnadenlos überlegen, den Frust darüber kompensieren die Gäste bisweilen brutal.
Das Ende dieses Fußballspiels war hässlich. Richtig hässlich. Obwohl das Halbfinal-Aus von Paris St. Germain in der Champions League bereits kurz vor der amtlichen Bekanntmachung stand - nur etwas Größeres als ein Wunder hätte den harten Knockout bei Manchester City noch verhindern können - rauschten die Spieler des Scheichklubs gnadenlos, bisweilen brutal in ihre Gegner. Das darf einen doppelt wundern. Denn erstens sind die Spieler der Mannschaft von Mauricio Pochettino nicht dafür bekannt, den Zweikampf zu lieben, erst recht nicht den rustikalen. Und zweitens waren die harten Attacken von Presnel Kimpembe und Danilo Pereira kurz vor dem Abpfiff nicht damit zu erklären, dass es in einer dramatischen Schlussphase noch um alles (das Finale) ging.
Nein, als Kimpembe in der 87. Minute im Etihad Stadium seinen Gegenspieler Gabriel Jesus mit voller Absicht von der Seite umflexte, da stand es in der Summe aus Hin- und Rückspiel bereits 4:1 (2:0 im laufenden Spiel) für die Gastgeber. Für ein Weiterkommen hätten die Franzosen also in den wenigen verbleibenden Minuten drei Tore gebraucht. Klar, das kann klappen, ist aber nicht sonderlich wahrscheinlich. Erst recht nicht für eine Mannschaft die (a) ohne ihren zweiten großen Superstar neben Neymar, Kylian Mbappé, und damit ihre größte offensive Waffe auskommen musste und (b) bis zu dieser 87. Minute gnadenlos unterlegen war. Sie, die selbst ohne erkennbaren Plan irrlichterte, war taktisch vorgeführt worden. Nur wenige Sekunden nach der Attacke von Kimpembe kümmerte sich dann Danilo Pereira um Gabriel Jesus. Nicht minder brutal trat er dem Brasilianer gegen den Oberschenkel.
Nur waren diese beiden Szenen längst nicht die ersten, in denen die Pariser nachgewiesen hatten, dass sie zwar herausragende Fußballer in ihrem Aufgebot haben, aber eben auch solche, deren Zündschnur bei Frust äußerst kurz ist. Eventuell ist sie gar nicht vorhanden. So hatte es in der 67. Minute beim oft so genialen Angel di Maria Puff im Oberstübchen gemacht, nach einem Gerangel um einen Einwurf mit Fernandinho trat der Argentinier seinem Gegenspieler mit voller Absicht und dann auch noch heftig gegen den Knöchel. Die Bilanz des Abends also: Ein Platzverweis und zweimal Glück, denn sowohl Kimpembe als auch Danilo Pereira kassierten lediglich Gelb. Man kann das ganz sicher auch anders sehen. Bereits im Hinspiel hatte sich das Starensemble ja selbst geschwächt, nachdem der starke Idrissa Gueye dem Nationalspieler İlkay Gündoğan mit der offenen Sohle auf dessen linke Achillessehne getreten war.
Zum gewaltigen Frust der enthemmten Pariser soll übrigens auch noch Schiedsrichter Björn Kuipers beigetragen haben. Der Niederländer habe Marco Verratti mit einem "fuck you" angegangen. Behauptet Verratti. "Wenn ich 'fuck you' sage, bekomme ich zehn Spiele Sperre." Mitspieler Ander Herrera will ebenfalls beleidigende Worte gehört haben - und zwar in Richtung von Leandro Paredes. "Der Schiedsrichter hat zu Paredes gesagt: 'Fuck off!'. Wir reden über Respekt, aber wenn wir das sagen, sind es drei oder vier Spiele Sperre."
Endlich die große Befreiung
So unverständlich die körperlichen Attacken der Franzosen waren, so verdient war der Final-Einzug für City. Der erste in der Vereinsgeschichte. Und der erste für Trainer Josep Guardiola nach zehn Jahren. Im fünften gemeinsamen Versuch haben sie es also geschafft. In den vergangenen Jahren war das Luxus-Team immer wieder gegen kleinere Klubs wie Olympique Lyon, Tottenham Hotspur oder AS Monaco gescheitert. Auch in seiner Zeit als Trainer des FC Bayern war der katalanische Perfektionist jeweils im Halbfinale ausgeschieden. Oft hatte er sich dabei fatale Experimente bei der Wahl der Taktik oder aber der Aufstellung geleistet.
Gegen Paris verzichtete er sowohl im Hin- als auch im Rückspiel auf jene Experimente und ließ seine Mannschaft das machen, was sie am besten kann: kombinieren und den Gegner mit langem Ballbesitz zermürben. Auf der rechten Seite bildeten Kyle Walker, Bernardo Silva und Doppeltorschütze Riyad Mahrez, dessen Zukunft beim Klub ja noch offen ist, ein beeindruckendes Dreieck, dass jedem Gegnerdruck mit schnellen Kurzpässen mühelos auswich. Wobei das mit dem Gegnerdruck auch nicht immer ganz so problematisch war, denn das Pressing der Pariser funktionierte zu oft nicht. Immer wieder machte ein Spieler nicht mit. Noch beeindruckender als das Trio auf der rechten Seite funktionierten Gündoğan, Kevin de Bruyne und Phil Foden auf links. Mutmaßlich ist diese Spielgruppe, die derzeit cleverste und beste im europäischen Fußball.
Und wie flexibel diese Mannschaft spielen kann, der ja nachgesagt wird, dass sie die Option des langen Balls scheut, um ihren Trainer nicht zu frustrieren, zeigte sie vor dem 1:0. Der fußballerisch herausragende Torwart Ederson chippte einen langen Ball über die Mittellinie und die hoch stehende Abwehrkette der Gäste in den Lauf des perfekt gestarteten Oleksandr Zinchenko. Der Außenverteidiger ging bis zur Grundlinie legte punktgenau zurück für den direkt abschlussbereiten de Bruyne. Perfekter lässt sich ein solcher Umschaltmoment wohl nicht spielen. Der absoluten Perfektion des Angriffs fehlte nur das Tor, dass Mahrez dann erzielte. Er schob den abgeprallten Ball des Belgiers mühelos ins lange Eck.
Nicht weniger beeindruckend, das 2:0: Foden treibt den Gegenstoß über halblinks an und spielt mit de Bruyne einen Doppelpass, der ihn auf der linken Sechzehnerseite auftauchen lässt. Er spielt den Ball dann auf Höhe des Fünfmeterraums flach und hart vors Tor. Vor dem langen Pfosten vollendet Mahrez am Ende eines Sprints mit dem linken Innenrist in die obere rechte Ecke. Tja, und Paris? Nun, die hätten tatsächlich früh selbst auf 1:0 stellen können. Aber di Maria, der den Ball gegen den unaufmerksamen Silva gewonnen hatte, zirkelte den Ball knapp am Tor vorbei. Ederson, der Silva angespielt hatte, wäre chancenlos gewesen, weil nicht anwesend. So aber bleibt eben nur die hässliche Seite der Franzosen hängen.
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