Szene des Spiels: Es ist fast die erste Szene der gesamten Partie. Nach dem ersten Gladbacher Eckball erkämpft sich Silas Wamangituka in der eigenen Hälfte den Ball, und wer diese Saison des VfB Stuttgart verfolgt hat, durfte sich schon auf das vorfreuen, was nun kommt. Der 21-Jährige lässt sich durch nichts und niemand und erst recht keinen Borussen aufhalten. Im Strafraum legt er sich den Ball noch einmal zurecht und versetzt Torwart Tobias Sippel zum 1:0. Dafür wurde das Wort Augenweide in den Sportjournalismus eingeführt.
Ergebnis des Spiels: Spielentscheidend war die Aktion allerdings nicht: Borussia Mönchengladbach gewinnt nach Rückstand noch 2:1 durch Tore von Marcus Thuram (45.) und Alassane Pléa (50.) und steht seit Jahren mal wieder im Pokal-Viertelfinale. Hier geht es zum Spielbericht.
Die erste Halbzeit: Begann mit einem Erdbeben durch Wamangituka, konnte sich danach aber nicht unbedingt steigern. Beide Teams waren dennoch sichtlich bemüht, nach vorne zu spielen, erfolgreich gelang das zum Ende der 45 Minuten den Gladbachern, als Thuram den Ball mit aller Präzision von der Strafraumkante ins lange Eck schoss. Fast so schön anzusehen wie das 1:0.
Die zweite Halbzeit: Gladbach ging früh in Führung, weil Pléa einen krassen Stellungsfehler von VfB-Torwart Fabian Bredlow ausnutzte. Der Torwart verschätzte sich bei einem Gladbacher Konter, rutschte dazu noch weg, und Pléa mit all seiner Ausgefuchstheit hatte wenig Mühe, an ihm vorbei zur Führung einzuschieben. Dann kam der große Regen. Vor drei Wochen in der Liga gelang dem VfB in ähnlicher Situation noch der sehr, sehr späte Ausgleich durch einen mindestens umstrittenen Elfmeter. Geschichte wiederholt sich nicht.
Spieler des Spiels: Es ist mal an der Zeit, das hohe Lied des Gladbacher Außenverteidigers Rami Bensebaini anzustimmen. Der Linksverteidiger war nach einer Corona-Infektion mit Folgen erst nach Wochen in die Mannschaft zurückgekehrt, und seitdem weht ein anderer Wind. Die Defensive ist stabilisiert, mit seinen überfallartigen Offensivaktionen hat er das Spiel der Borussia noch mal extrem bereichert.
Pechvogel des Spiels: Im Vorjahr schied der VfB im Achtelfinale des Pokals in Leverkusen aus, auch weil der Torwart Fabian Bredlow den Ball damals ins eigene Tor boxte. Jetzt hatte er wieder Anteil am Ausscheiden. Bredlow und Pokal, es gibt glücklichere Beziehungen.
Rückkehrer des Spiels: Gladbachs Manager Max Eberl ist aus der einmonatigen Auszeit vom Fußball zurückgekehrt, Eberl hat in der Zeit die Berge und nach eigener Aussage auch die Sonne in seiner bayerischen Heimat genossen. Für den Verein war es ein Erfolgsmonat mit einem Sieg über die Bayern als Höhepunkt, während Eberl daheim auf die Bergspitzen geguckt hat. Wenn es jetzt mit einer Niederlage im Februar losgegangen wäre, hätte der Manager wohl über eine Verlängerung nachdenken müssen.
Bilanz des Spiels: Es ist das vierte Pokalduell beider Teams, und alle vier hat die Borussia gewonnen. Der VfB muss also weiter von seinem ersten Pokalsieg seit 1997 träumen, im damals siegreichen Team über Energie Cottbus standen Thomas Berthold, Torsten Legat und das magische Dreieck Balakov, Bobic und Elber. Trainer war, aber ja, Joachim Löw.
Stimme des Spiels: Florian Naß hat das Spiel live in der ARD übertragen, den erfahrenen Reporter hört man im Livefußball viel zu selten. Ruhige Moderation, keiner, der das Spiel zuquatscht, seine Erregungskurven bewahrt er sich für Handballübertragungen auf. Sehr angenehm zuzuhören. Auch wenn man bei dem langjährigen Tour-de-France-Kommentator immer darauf wartete, dass er im nächsten Moment die landschaftlichen Schönheiten von Stuttgart-Bad Cannstatt beschwören würde oder die Käsesorten der Alb.
Erkenntnis des Spiels: Borussia Mönchengladbach macht mittlerweile den Eindruck einer sehr gefestigten Mannschaft. Auch die Thuram- und Embolo-Eskapaden haben dem Team offensichtlich wenig angehabt. Wenn das so weitergeht, läuft es in Berlin im Finale möglicherweise gegen den BVB auf ein Marco-Rose-Ablösespiel hinaus. Alteingesessene Gladbacher Fans wissen natürlich, dass es vorher aber wahrscheinlich noch zu einem Aus gegen einen der verbliebenen Zweitligisten kommt.
https://ift.tt/36HcghZ
Sport
Bagikan Berita Ini
0 Response to "Gladbacher Sieg in Stuttgart: Niederrheinische Coolness - DER SPIEGEL"
Post a Comment