Die Bosse des FC Bayern sind alarmiert. Nach dem frostigen Pokal-Schock bei Holstein Kiel setzen Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Kahn darauf, dass Trainer Hansi Flick auch sein erstes kleines Tief beim Rekordmeister bravourös meistert.
Tatsächlich war am Donnerstagmorgen gelegentlich zu lesen, dass nun über Hansi Flick diskutiert werden würde. Ohne weitere Ausführungen klänge das wohl sehr danach, als müsste der Trainer des FC Bayern nun um seinen so erfolgreichen Job bangen. So war's aber mutmaßlich nicht gemeint. Denn in München wird derzeit wohl niemand darüber nachdenken, ob Flick noch der richtige Mann für den Rekordmeister ist. Selbst die Blamage in der zweiten Runde des DFB-Pokals am Mittwochabend bei Zweitligist Holstein Kiel (7:8 n. E.) wird an der festen Überzeugung, dass die Mannschaft bei Flick weiter in bester Betreuung ist, nichts destabilisiert haben. Alles andere wäre nach zwei Niederlagen am Stück auch äußerst kurios.
Aber dennoch wird über Flick diskutiert und darüber, ob seine so aggressive taktische Herangehensweise nicht mittlerweile entschlüsselt ist und eine Anpassung braucht. Der Trainer wehrt sich zwar dagegen, verteidigt seine grundsätzliche Idee von Fußball, gesteht in der arg ausufernden Debatte aber zu, dass es zumindest immer wieder kleine Änderungen gibt, je nach Gegner. Der heißt am Sonntag (15.30 Uhr im Liveticker) übrigens SC Freiburg und gilt derzeit (faktisch gesichert) als formstärkste Mannschaft Europas. Zu sagen hat das freilich überhaupt nichts, außer vermutlich, dass es für den latent kriselnden FC Bayern an diesem 16. Spieltag erneut nicht ganz so leicht werden könnte.
Nun wird zwischen Isar und Elbe wild diskutiert, was da gerade nicht so gut oder gar falsch läuft beim FC Bayern. Ganz besonders intensiv wird sich damit auseinander gesetzt, ob die hoch stehende Viererkette womöglich der Knackpunkt für die Flut an Gegentoren ist. Tatsächlich ist deren Anzahl nicht nur auffällig, sondern auch außergewöhnlich. Dass das Titel-Fundament der vergangenen Saison ziemlich bröselt, das ist nicht wegzudiskutieren. Wohl lässt sich über das Warum streiten. Und da hat Flick eine ganz andere Meinung als Bastian Schweinsteiger, der am Mittwoch als Experte der ARD stellvertretend fürs kritische Kollektiv die ständige Höhe der letzten Linie verwundert angeprangert hatte.
Rummenigge mahnt deutlich
"Du kannst auch tiefer stehen und trotzdem Fehler machen. Die Fehler haben nichts mit der Höhe zu tun, sondern mit den Laufwegen und, ob ich den Zweikampf annehme", befand Flick nun beim obligatorischen Pressegespräch vor dem Spieltag. "Das sind Automatismen, zu denen wir wieder kommen müssen. Wenn ich einen Laufweg nicht mitgehe, dann passieren Fehler." Entscheidend werde sein, "dass wir mehr Druck auf den Ball bekommen." Ja, der Druck auf den Ball. Das war es, was den FC Bayern im vergangenen Jahr, ganz besonders in der Triple-Saison und ganz, ganz besonders nach dem Fußball-Lockdown so gnadenlos und unbesiegbar gemacht hat. Ausnahme der Regel war das 1:4 in Hoffenheim.
Und weil das schön und dabei auch noch so erfolgreich war, mahnt Klubboss Karl-Heinz Rummenigge eine schnelle Rückkehr zu dieser grenzenlosen Dominanz an. "2020 haben wir ja das Triple gewonnen, dazu die beiden Supercups, da wirst du Tag und Nacht gelobt. Es ist vielleicht ein Stück menschlich, wenn du dir dann den einen oder anderen Schritt sparen willst", sagte er der "tz" und dem "Münchner Merkur" mit meisterlicher Milde, ehe er den Druck auf Trainer und Mannschaft doch deutlich erhöhte: "Wir müssen zu der Spielart und Gangart zurückfinden, die uns speziell im letzten Sommer so ausgezeichnet hat, als wir hoch gepresst haben, aber alle mitgemacht haben. Der Gegner hatte gar keine Möglichkeit, aus der Defensive rauszukommen. Das war wie ein Ping-Pong-Spiel im positiven Sinne."
Ja, alle hatten sie mitgemacht. Aber sie kamen eben auch alle mit voller Kraft aus dem Lockdown, hatten eine unbändige Power, die einen Gegner nach dem anderen zertrümmerte. Manchmal auf eine Weise, wie sie Fußball-Europa nie zuvor gesehen hatte. Sie war geprägt von einer überraschend langen Halbwertszeit der bayrischen Batterie, die allerdings nie eine Pause zum Aufladen bekam. Und so deutete sich bereits seit Wochen an, dass das so kraftraubende und intensive Spiel nicht ohne Schaden bleiben würde. Robert Lewandowski mit seinen Toren und Manuel Neuer mit seinen Paraden als Schutzwall gegen jeden noch so wütend anrennenden Gegner, das konnte nicht ewig halten. Zudem stottert es im so ausgelaugten Team derzeit in der lautstarken Kommunikation und Unterstützung. Ein weiteres wichtiges Triple-Pfund. Und so sagt Flick: "Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass wir schon früher einen Einbruch bekommen."
Und es liegt doch an der Kader-Qualität
Und an diese Erkenntnis, dass der Akku im grellen Rot leuchtet, mischt sich eine zweite, eine qualitative. Denn entgegen aller Verteidigungsreden aus München, ist der Kader in dieser Saison schwächer besetzt als in der Spielzeit 2019/20. Dort drängten die Top-Joker Philippe Coutinho und Ivan Perisic vehement in die Mannschaft und brachten wichtige Entlastung auf hohem bis höchstem Niveau. Und dann war da ja auch noch Thiago, über den in diesen Tagen erstaunlicherweise niemand redet. Mit bemerkenswerter Höflichkeit und frei von großer Alarmstimmung wurde sein Abgang im Sommer zum FC Liverpool begleitet. Thiago, der ewig um einen Ruf als Unterschiedsspieler kämpfen musste, hatte sich gerade erst mit einem starken Finale in der Champions League Paris St. Germain den verhinderten Status erworben, als er ging.
Er ging nicht als Unverzichtbarer, obwohl er gegen Paris nachgewiesen hatte, dass er eigentlich genau das ist. Im Vertrauen darauf, dass das so beeindruckende Power-House Joshua Kimmich und Leon Goretzka weiter das wuchtige Spiel antreiben würde, entstand ein gefährliches Vakuum. Das des Metronoms im zentralen Mittelfeld. Thiago konnte das Spieltempo der Münchner so bestimmen wie kein anderer. Er konnte dem schlauchenden Powerfußball mit seinen kreativen, genialen Einfällen auch kraftschonende Dominanzphasen an die Seite stellen. Oft unbemerkt, aber immer effektiv. In einer Saison ohne Pausen, ohne große Trainingseinheiten, mit Verletzten (unter anderem eben Kimmich und Goretzka), mit akut formschwachen (unter anderem Serge Gnabry und Benjamin Pavard) sowie abgelenkten Stars (unter anderem die weiter zukunftsungewissen David Alaba und Jérôme Boateng) und einem Kader, dessen Möglichkeiten der Top-Rotation sehr begrenzt sind, fehlt genau das.
Doch darüber hat am Donnerstag niemand diskutiert.
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