Die Idee war gut. Dortmunds Trainer Edin Terzić wechselte beim Stand von 0:1 mit Youssoufa Moukoko einen zweiten Stürmer ein, um erstens torgefährlicher zu werden und zweitens die drei Innenverteidiger des 1. FSV Mainz 05 ein bisschen von Erling Haaland abzulenken. Haaland besser ins Spiel zu bringen, bedeutet mehr Torgefahr. Aber an diesem Tag wurde das nichts mehr. Der BVB spielte zwar am Ende wenigstens noch 1:1 (0:0), Haaland aber strahlte nach der Entscheidung, seinen Treffer in der zweiten Minute zurecht wegen einer vorherigen Abseitsstellung von Thomas Meunier abzuerkennen, nur noch wenig Torgefahr aus.
Der Norweger kam in den gut 90 Minuten nur 16-mal an den Ball. In einer Situation wäre es leicht gewesen, Haaland auch in der zweiten Hälfte entscheidend einzubinden. Es hätte ihm jemand den Ball geben und sagen müssen, dass er gefälligst den Elfmeter verwandeln solle, den der BVB 40 Sekunden nach dem Ausgleich zum 1:1 in der 73. Minute zugesprochen bekam. Haaland schoss als Profi laut des Portals transfermarkt.de für seine Vereine und verschiedene Auswahlmannschaften Norwegens 13 Elfmeter – und verwandelte alle.
Den Elfmeter schoss dann Marco Reus. Dieser hatte als Spieler von Borussia Dortmund lange eine genauso gute Statistik. Die ersten acht Strafstöße fanden den Weg ins Tor, von den folgenden zwölf verschoss er allerdings fünf. Den Elfmeter gegen Mainz schoss er neben das Tor. »Ich hätte das Spiel entscheiden oder in die richtige Richtung lenken können«, sagte Reus Minuten nach dem Abpfiff. »Ich habe es heute nicht geschafft. Das tut mir für die Mannschaft sehr leid.«
In die Selbstkritik floss auch eine vergebene »Riesenchance« in der ersten Halbzeit ein, »mit der ich einfach das 1:0 machen muss«. Reus hatte in der 26. Minute versucht, den gegnerischen Torwart zu überlupfen, Robin Zentner aber stark pariert.
Zu dem von Haaland aberkannten Tor hatte Reus die Vorarbeit geleistet. Bis der Videoassistent sich meldete, sah es so aus, als würde der BVB an den Abend eine Woche zuvor in Leipzig anknüpfen. Da hatte er 3:1 (0:0) gewonnen, Reus gab zwei Torvorlagen, eine für Haaland zum 3:0.
Nach zwei Siegen zum Auftakt des Kalenderjahres gegen Wolfsburg und Leipzig, Konkurrenten um einen Platz in der Champions League, nun der Rückschlag gegen einen Abstiegskandidaten. Typisch BVB, so scheint es. Aber es war dieses Mal anders als bei vielen Rückschlägen zuvor.
Denn die Dortmunder spielten diesmal in der ersten Halbzeit stark, kombinierten sich auch gegen eine im 5-3-2-System sehr defensiv ausgerichtete Mainzer Mannschaft häufig in den Strafraum. »Der ein oder andere Abschluss war dann nicht klar genug«, haderte Trainer Terzić. Reus war sicher damit gemeint. Julian Brandt, der wieder mal zeigte, dass ihm eine Position auf dem Flügel missfällt, durfte sich auch angesprochen fühlen. Jude Bellingham traf immerhin einmal den Pfosten. Zwölf der 17 Torschüsse wurden von einem aus diesem Mittelfeld-Trio abgegeben, mit Meunier traf allerdings ein Abwehrspieler.
Zu wenig Torgefahr aus dem Mittelfeld ist eins der Probleme des BVB. Bellingham ist noch ohne Saisontor, Brandt ebenfalls, Emre Can traf ein einziges Mal. Wie Giovanni Reyna, der gegen Mainz wegen eines Racheninfektes fehlte, kommt Reus auf drei Tore. Eines davon resultierte aus dem Nachschuss eines vergebenen Elfmeters im ersten Spiel unter Terzić bei Werder Bremen. Rechnet man Jadon Sancho (zwei Treffer) und Reyna zum Mittelfeld statt zum Angriff, wogegen allerdings manche Aufstellung und Ausrichtung unter dem ehemaligen Trainer Lucien Favre spricht, kommt der Mannschaftsteil mit neun Treffern auf genauso viele wie die Abwehr.
Sancho und Reus mit schwacher Trefferquote
Sancho erzielte in der vergangenen Saison 17 Tore, seine schwache Bilanz trifft den BVB hart. Aber auch Reus' Trefferquote ist wesentlich schlechter. Für seine elf Tore in der Vorsaison benötigte er 19 Einsätze in der Bundesliga, nun sind es bei schon 15 Einsätzen nur drei Treffer. Sein Schnitt liegt also in dieser Spielzeit bei 0,2. In der Zeit davor beim BVB (ab 2012) traf er pro Spiel exakt 0,5-mal – 91 Tore in 182 Spielen.
Die Last, treffen zu müssen, ist beim BVB zu einseitig verteilt. Haaland schoss seine zwölf Saisontore in sechs Partien. In den fünf Spielen, in denen er leer ausging, kamen die Gegner meistens aus der unteren Tabellenhälfte: FC Augsburg, TSG Hoffenheim, 1. FC Köln und nun Mainz. Der VfL Wolfsburg bildete die Ausnahme. Gegen Augsburg und Köln verlor Dortmund.
Das Programm der kommenden Woche dürfte Haaland und dem BVB gefallen. Spiele bei Bayer Leverkusen (Dienstag ab 20.30 Uhr) und Borussia Mönchengladbach (Freitag ab 20.30 Uhr) stehen an. Da dürfte es ein bisschen mehr Platz geben, um den Stürmer einzubinden.
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